Im Juli 2007 stand es fest: Der Schwangerschaftstest war positiv.
Mensch war das aufregend es ist schon eine Fruchthülle zu sehen. Die große Überraschung kam dann 2Wochen später, ich war wegen Blutungen beim Frauenarzt. Ich dachte schon jetzt ist alles vorbei, aber ganz im Gegenteil, es schlagen zwei Herzchen: ZWILLINGE.
Es war eine Traumschwangerschaft, wir waren jede Woche beim Frauenarzt und die Würmchen entwickelten sich prächtig. Mein Bauch übrigens auch.
Es dauerte gar nicht lange bis wir wussten, dass wir sicher einen Jungen bekommen, das war nicht zu übersehen. Ein paar Wochen später war es dann sicher ein PÄRCHEN. Links lag Jolina und rechts Tim, sie boxten abwechselnd gegen meinen Bauch, damit mir ja nicht langweilig wurde.
Die Schwangerschaft war die glücklichste Zeit meines Lebens, wir heirateten im August und verkündeten dort die Zwillingsschwangerschaft.
Eine Schwangerschaft die ganz plötzlich und unerwartet vorbei war...
Die Geburt
Alles begann am 19.11.07: Mein Mann hatte sich frei genommen, wir wollten heute die bestellten Sachen im Babyland abholen: Zwillingswagen und Kinderzimmer. Es kam dann aber doch alles anders. Ich hatte vorher noch einen Frauenarzttermin, wie alle 2Wochen und mein Mann war wie immer dabei.
Der Frauenarzt tastete und meinte, wie immer fühlt sich alles gut an. Dann beim US der Schock: Gebärmutterhals auf 7mm verkürzt, sofort ins Krankenhaus. Dann ging alles Schlag auf Schlag, Untersuchung, Lungenreifungsspritzen, Wehenhemmer, absolute Bettruhe. Nachdem der erste Schock heruntergeschluckt war, weinte ich erstmal, machte mir aber nicht zu große Sorgen, sondern dachte mit Bettruhe und Cerclage kriegen wir das schon hin. Dann am 22.11. die OP: Cerclage und dann begann das Drama.
Ich wachte aus der Narkose auf und hab geröchelt ohne Ende und kaum Luft bekommen: Wasser auf der Lunge. Hab die Hektik um mich herum schon mitgekriegt, aber erst im Nachhinein erfahren wie kritisch es um mich stand.
Die Ärzte beschlossen dann das Leben der Kinder nicht mehr ganz so ernst zu nehmen, jetzt gehts um die Mutter. Ich wurde auf die Intensivstation gebracht und dort verbrachte ich die ganze Nacht. Die Ärzte schafften es dann, dass es mir besser ging, nur leider hatten sie dann die Wehen nicht mehr im Griff. Sie wurden immer schlimmer und die Babys immer unruhiger. Gegen 9:30 Uhr wurde ich dann wieder in den Kreißsaal gebracht und nachdem die Hebamme mich abtastete wusste ich, das wars. Es lief Fruchtwasser raus. Am 23.11.07 wurde Jolina um 10.57 Uhr und Tim um 10.59 Uhr in der 25+0. Schwangerschaftswoche auf die Welt geholt.
Mein Mann war auch da und trotz allem war doch erstmal Freude da, wir waren Eltern und beide Kinder lebten.
Fotos:
20+6, ca. 400g, oben: Jolina, unten: Tim
18.11.07: Ein Tag bevor wir ins Krankenhaus mussten!
SSW: 24+2
Entwicklung und Diagnosen:
U-Untersuchungen:
U1 724g 33cm
U2 830g 36cm KU 24,2cm
U3 835g 36cm KU 27,3cm Hörtest bestanden, Hüftscreening unauffällig
U4 fand nicht statt
U5 4930g 55cm KU 38,3cm
U6 7570g 68cm KU 42,2cm
U7 9000g 78cm KU 44cm
U7a 11kg 88cm KU 44,6cm
U8 13,3kg 95cm KU 45,5cm
U9 16Kg 105cm KU 47cm
Arztbrief vom März 2008:
Diagnosen:
Zwilling 1, Frühgeborenes 25+0SSW, GG 724g
Frühgeborenes extrem unreif
Atemnotsyndrom
Pneumothorax beidseits
Apnoe – Bradicardie – Syndrom
Blutung, intraventrikulär und intracerebral ICH 3 rechts, ICH 2-3links
Hydrocephalus posthämorrhagisch
Anlage Rickham Reservoir 14.1.08
Obstruktion eines intrakraniellen ventrikulären Shunts 4.3.08
Hypotonie Blutungsanämie
Bronchopulmonale Dysplasie mit Ursprung in der Perinatalperiode
-mit kontinuierlichem O2-Bedarf
-Rechtsherzbelastung
Retinopathia praematurorum 3+ Laserkoagulation 11.03.08
Persistierende Tunica vasculosa Lentis
Neugeborenen Krämpfe
Persistierende pulmonale Hypertension
Rotaviren-Enteritis
Entwicklungsneurologische Untersuchung vom 14.10.08:
Untersuchungsbefund:
Korrigiert
7 Monate altes, ehemaliges Frühgeborenes, in gutem Allgemeinzustand.
Jolina lächelte während der Untersuchung sehr viel und lautierte
ebenfalls viel. Reflexe beidseits lebhaft auslösbar, Babinski beidseits
positiv. Tonus der unteren Extremität normoton, Tonus der oberen
Extremität hyperton. Gezieltes Greifen nicht möglich.
Kreuzschielen. Pupillenreaktion beidseits verzögert, rechts kaum sichtbar. Pupille rechts weißer Fleck.
Reizlose Narbenverhältnisse des Shuntes, Shuntverlauf gut zu tasten.
Zusammenfassende Wertung:
Jolina zeigte eine globale Entwicklungsverzögerung, vor allem mit Problemen in der Auge-Hand-Koordination.
Die positiven Babinskireflexe sprechen für die Entwicklung einer cerebralen Bewegungsstörung.
Die Krankengymnastik sowie Sehförderung sollte unbedingt weiter fortgeführt werden.
Nächste Kontrolle im korrigierten Alter von 12 Monaten.
Entwicklungsneurologische Untersuchung vom 18.03.2009
Zusammenfassung und Empfehlung:
Jolinas
Entwicklungsstand entspricht derzeit einem 3 Monate alten Säugling.
(Der Rohwert der kognitiven Skala entspricht mit 37 Entwicklungsalter 3
Monate. Der Rohwert der motorischen Skala entspricht mit 23 einem
Entwicklungsalter von 3 Monaten.)
Nach wie vor zeigen sich große
Defizite in der Auge - Hand - Koordination. Sicherlich ist hier die
Beibehaltung der Sehförderung, sowie die regelmäßigen augenärztlichen
Kontrollen im Klinikum rechts der Isar anzuraten.
Der spontane
Babinski beidseits sowie die Hypertonie der unteren Extremität sprechen
weiterhin für die Entwicklung einer cerebralen Bewegungsstörung. Die
Fortführung der KG ist hier sinnvoll.
Das Ergebnis der geplanten
Kernspintomografie ist zu Bestandsaufnahme des aktuellen intrakraniellen
Befundes nun sicherlich entscheidend.
Eine erneute entwicklungsneurologische Untersuchung im Alter von korrigierten 18 Monaten ist vorgesehen.
Griffith's Entwicklungsskala vom 24.09.2009
Motorisches Entwicklungsalter: Beginn 6. Lebensmonat
Persönlich-soziales Entwicklungsalter: 6.-7. Lebensmonat
Entwicklungsalter Hören/Sprechen: Beginn 5. Lebensmonat
Entwicklungsalter Auge-Hand-Koordination: 8. Lebensmonat
Entwicklungsalter Kognitive Leistungen: 6.-7. Lebensmonat
Arztbrief vom 17.05.2011
Entwicklung / Intelligenz:
Allgemeiner Entwicklungsrückstand
ICH III.-gradig rechts, II.-III.-gradig links mit posthämorrhagischen Hydrocephalus
VP-Shunt Erstanlage 04.03.2008
Z.n. bronchopulmonaler Dysplasie
Retinopathia praematurorum III° mit Plus Symptomatik beidseits
Z.n. Laserkoagulation im März 2008
Frühkindlicher Strabismus konvergens, Anisokorie, Myopie, Astigmatismus
Hinterer Polstar rechts
Z.n. operativer Fensterung des IV. Ventrikels am 13.08.2009
Mikrocephalie
Z.n. fieberassoziierten Krampfanfällen
Bilaterale spastische Cerebralparese beinbetont in milder Ausprägung
Hüftsubluxation beideits
Psychologische Diagnosen:
Ernährungsschwierigkeiten
Soziale Begleitumstände:
Pflegestufe III
Weiteres zu meiner Entwicklung entnehmt ihr einfach den regelmäßigen Berichten.